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Blaublatt |CS 387
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UDO SCHINDLER traf sich am 24.4.2014 mit INGRID SCHMOLINER, der PARA-logischen Pianistin, die mit Badenhorst & Niggenkemper Watussi tanzte, auf ihrem Corvo-Album "Karlitsy Syuita" vor Zwergenweitwurf nicht zurückschreckte und die sich gerne mit einer gewissen DAMN!-Attitüde an den Tasten vergreift. Ihre Begegnung, Blaublatt (cs 387) betitelt, macht unmittelbar ihre präpariert-perkussive Eigenart deutlich, die den Keys läutende Laute entlockt, repetitiv und verbunden mit ostinat klackender Mechanik. Neben verfremdeten Klängen geben die Tasten aber auch vollen Pianoklang her, aber mit Betonung auf 'auch'. Dem eher kleinlaut krabbelnden Käfer-Auftakt mit Klarinette folgt sogleich ein drehwurmig-gamelanesk gequirltes Interlude von cage'scher Couleur, jetzt mit bassklarinettistischer Hoch-Tief-Stapelei zu zuletzt agiler linker Hand. Schmoliner scheut sich nicht, bedächtig und feierlich zu klingen, Schindler zieht mit langen, gedämpften Haltetönen nach, für ein Nachtstück der mitternachtsblauen Sorte, bei dem die Österreicherin mit reibendem Daumen ein Käuzchen spielt. Mit federnden Klängen im Innenklavier und wischenden Lauten zu dunkelst murrendem Mundwerk, mit Beinahestille, Dulcimeranklang und tönernem Dongen zu träumerischer Klarinette sind wir bei einem der magischsten Momente, die dem Salon beschert wurden. Schindler klarimurrt und kirrt Spaltklänge zu holzigen Hieben und drahtig scharrendem Groove, der sich in abrupten Tastengriffen vollendet. 'Wirr_flirren' spottet den iis mit wummerndem Kontrabass-Zungenschlag zu dissonant pickenden Sekundenschlägen und verquirlten Arpeggios. Schindler nötigt dem Instrument spitzes Stöhnen ab und dunklen Alphornton, zu dem Schmoliner zu jodeln und zu keckern anhebt, parzengrill und watzmannblau, frage nicht. [BA 93 rbd] Blaublatt dokumentiert ein improvisatorisches Zusammentreffen von Udo Schindler, hier als Klarinettist, mit der, am Ende auch jodelnden, Pianistin Ingrid Schmoliner im Rahmen des 44. Salon für Klang+Kunst. Beide MusikerInnen haben sich auf den von ihnen betätigten Instrumenten ein breites klangliches Vokabular erspielt – Schindler macht von ausgedehnten Vokalisierungen, Schnarrlauten, die sich vor allem in den tiefen Registern von Bass- und Kontrabassklarinette als besonders wirkungsvoll erweisen, Spaltklängen mit Obertönen etc., aber auch ganz Geradem, Herkömmlicherem Gebrauch; was Schmoliner mit extensiver Klavierpräparation zu erreichen imstande ist, erstaunt ohnehin, aber sie vermag auch im unpräparierten Bereich zu punkten –, sind aber so klug, nicht gleich alles auf einmal in die Waagschale zu werfen und sich gegenseitig um die Ohren zu hauen, sondern dieses sensibel und hellhörig einem musikalischen Geschehen, das man atmen lassen möchte, einzuverleiben. Es gibt durchaus auch dichte Stellen zu hören, etwa wenn Schmoliner ihr Piano wie ein rasendes Gamelanorchester in kurzen repetitiven Figuren dahingallopieren lässt, schließlich noch erweitert durch etwas, das nach einer ganzen Batterie Kuhglocken klingt. Besonders stimmungsvoll wird die ganze Angelegenheit, wenn beide sich zurücknehmen, mehr und mehr Platz bleibt, um diesen auf intime Weise zu nutzen. Und das machen Schindler und Schmoliner wirklich hervorragend. Vor Archaik scheut man/frau dabei auch nicht zurück, trägt aber nicht zu dick auf, wird nie kitschig, bleibt angreifbar, zerbrechlich. Perkussive Akzente, ein Grummeln, ein Schnarren, eine Obertonstrecke, ein rutschender Daumen am Klavierholz; leicht, trotzdem von Substanz, luftig und auch erdig, nichts Gezwungenes, dennoch zusammengehörig. So können auch schöne Details tönender Spannung entstehen, im Mikro- und Makrobereich. Kurzum, die zur Verfügung stehenden Mittel werden in den Dienst einer stimmungsvollen, wirklich sehr gelungenen Duo-Impro gestellt, echt unter die Haut gehende Momente inklusive. Top! bertl (freiStil) München, 11.08.2017 | Udo Schindler ist hauptberuflich Architekt, aber mit mindestens ebenso viel Passion ein mutiger musikalischer Grenzgänger, vor allem auf Klarinetten aller Couleur und dem Kornett. Und wes andere ständig in die Welt hinauszieht, liebt er die produktive Einheit aus eigenem Lebensmittelpunkt und kreativer Wirkungsstätte in seinem Haus in Krailling bei München. Auch viele improvisierende Musikerinnen und Musiker aus NRW, zum Beispiel Ute Völker oder Erhardt Hirth zog es schon nach Süddeutschland, um zusammen mit dem Hausherren in den „Salons für Klang und Kunst“ vor einem sensibilisierten Publikum aufzuspielen. In jedem Fall ist der Veranstalter dieser überregional vielgefragten Reihe ein einfühlsamer Duopartner. Oft sind die Begegnungen völlig adhoc - und werden regelmäßig auf liebevoll (meist auf dem Eigenlabel Arch-Musik) produzierten CDs verewigt. Udo Schindler beruft sich gerne auf ein Postulat von Giacinto Scelsi, der die unmittelbare Physis eines undomestizierten Klanges zum Ansatzpunkt nimmt, während alle „Musik“, sprich sämtliche menschen-geschaffene Ordnungssysteme des Tonmaterials nur sekundäres Konstrukt sind. Dieses Prinzip von Grund auf verinnerlichend, haben Schindler und seine ständig wechselnden Spielpartner eine vielgestaltige Kommunikationskultur geschaffen. Free improvisation is the art of close listening. It is the art of intense concentration on the part of the musicians to hear what the other one is doing, understand intentions, sentiments, pauses, room to interact, time to take a step back, time to challenge, time to encourage and expand on new ideas. The basic condition is that you, as the musician, have to know your own instrument inside out to be able to keep all these things in mind while performing. It requires openness of mind and the ability to decide. Even with musicians involved who hail from elsewhere, could these CDs be any more Austrian? Not only are three of the four players Vienna residents, but on both Blaublatt and Paraphon a different participant lets loose with some Alpine semi-yodelling. Plainly though, examining the program and the musicians involved, the Austria typified as the land of Mozart and The Sound of Music isn’t germane here. Instead the discs are in the exploratory tradition that stretches from Arnold Schoenberg and Anton Webern through the Reform Art Unit and the Klingt.org experimenters.
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